Hilfe, mein Toaster brennt!

Hilfe, mein Toaster brennt!

Der europäische Verbraucher-Podcast

Transkript

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00:00:00: Hallo zu dieser Folge von "Hilfe, mein Toaster brennt!". Hast du dir schon mal überlegt vielleicht nach dem Schulabschluss in Kroatien Straßenkatzen aufzulesen oder in Costa Rica Kinder zu unterrichten. All solche Angebote gibt's im Rahmen von Freiwilligenarbeit. An sich ist der Gedanke natürlich super ehrenwert und es ist echt eine gute Sache, zu reisen und dabei etwas Gutes tun zu wollen. Wir wollen heute aber auch so ein bisschen beleuchten, was da dran problematisch sein kann udn warum nicht alle Anbieter unbedingt empfehlenswert sind. Hör unbedingt rein!

00:00:34: Intro-Musik

00:00:43: Neben meinem Podcast-Buddy Jonas, der natürlich wieder dabei ist, ist heute bei uns mit im Studio die Mareike. Hallo, Mareike!

00:00:51: Hi, Nina!

00:00:52: Du hast dich da ganz schön eingelesen in das Thema und wirst uns da echt viel dazu sagen können. Jetzt ein Begriff, den müssen wir gleich am Anfang aufbringen: Voluntourismus oder Volunteer Tourism. Das hört man sehr oft in Zusammenhang mit diesem Thema Freiwilligenarbeit und was daran so kritisch sein kann. Was ist das eigentlich genau? Was bedeutet das?

00:01:12: Also Voluntourismus ist eine Mischform aus Volunteering, also Freiwilligenarbeit, und Tourism, also dem Reisen. Und das ist also so eine Mischform aus diesen beiden Sachen. Eigentlich steht nichts so wirklich im Vordergrund, gefühlt. Also soll nicht stehen. Im Endeffekt: Man geht in Urlaub und tut was Gutes.

00:01:32: OK, ich bin jetzt noch so aus einer etwas älteren Generation. Ich hab noch meinen Zivi gemacht. Ich kenn noch den Bundesfreiwilligendienst. Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Bundesfreiwilligendienst und dem Volunteering? Ich muss zugeben, bis vor einer Stunde, ich hatte keine Ahnung, was das ist bis ich mich da so ein bisschen eingelesen hab. Aber was ist denn da jetzt genau der Unterschied zwischen den beiden Formen von sozialer Freiwilligendienst?

00:01:53: Der Bundesfreiwilligendienst, das ist ja auf eine längere Zeit angelegt schon erstmal. Das beginnt bei sechs Monaten und geht bis zu zwei Jahre. Und der Voluntourism ist ja wie gesagt eher so ein bisschen Urlaub, was Gutes tun. Das heißt das kann auch schon ab einem Tag losgehen, kann zwei Wochen dauern. Kann natürlich auch darüber hinausgehen. Aber im Endeffekt ist es sozusagen eine Urlaubsreise und in dem Sinne halt auch so kurz wie ein Urlaub.

00:02:18: Also Nina hat ja vorhin mal so einen kleinen Test gemacht und hat sich mal angemeldet. Und dann hab ich auch gesehen, dass die zwar nicht selbst aktiv auf ihrer Seite sagen, dass es eine Urlaubsreise ist. Aber in den Vertragsbedingungen stand dann drin, dass man eine Pauschalreise gebucht hat. Und die Preise waren auch relativ knackig. Das hat schon ein paar tausend Euro gekostet. Und bei dem ein oder anderen war sogar nicht mal der Hin- und Rückflug mit drin. Worauf muss ich denn bei sowas achten, wenn ich mir sowas aussuche. Gibt es vielleicht irgendeinen Knackpunkt, wo man sich sagen könnte: Macht das Sinn, sowas kommerzielles zu buchen? Oder sollte ich, ja, auf sowas staatlich geprüftes oder staatlich gefördertes zurückgreifen?

00:02:57: Ja wie du schon sagst, staatlich geprüft, das ist ja auch schonmal so ein Punkt, wo man wirklich auch sagen kann beim Bundesfreiwilligendienst zum Beispiel ist es so, da gibt es Standards. Gesetzliche Standards, die müssen eingehalten werden. Und nur, wenn die von diesen Organisationen praktisch eingehalten werden, dann sind die halt so zertifiziert in dem Sinne. Und bei diesen kommerziellen Anbietern, da legen die das einfach fest. Wer kann dort hingehen als Volunteer? Wie lange eben das ganze stattfindet. Und welche Vorkenntnisse man zum Beispiel auch haben muss.

00:03:27: Den Unterschied, dessen sollte man sich einfach bewusst sein. Dass es eben staatliche Angebote gibt. Aber auch kommerzielle Anbieter. Ich mein, dass es die gibt, ist ja klar. Sobald da das Bedürfnis irgendwie da ist, dass Leute gerne reisen und da auch auf der eise etwas Gutes tun, wird es die geben, diese Anbieter. Also wir haben uns mehrere davon angeschaut. Und bei dem einen habe ich eben mal so getan, als würde ich mich da anmelden wollen und zwar für Beach Cleaning in Bilbao. Beach Cleaning in Spanien. Hab so getan, als würde ich mich anmelden. Da kosten jetzt zum Beispiel... jetzt muss ich den Preis hier finden. Für zwei Wochen habe ich mich angemeldet. Nein, eine Woche. Und dann steht da zwei Verlängerungswochen. Ich hab ein Einzelzimmer angeklickt. Und da bin ich bei 1.800 Euro. Also allein vom Preis her: Da komme ich auch günstiger drei Wochen nach Spanien, oder nicht?

00:04:20: Auf jeden Fall. Und das ist halt auch so die nächste Geschichte. Dass man halt auch überhaupt nicht weiß, wohin fließt das Geld. Geht das in irgendwelche wirklich guten Organisationen dort, geht das an die Leute dort? Wen es auch zum Beispiel darum geht, dass man zum Beispiel Kindern Unterricht erteilt oder so. Geht das dann wirklich dort in diese Häuser? In diese Schulen? Oder wohin fließt das Geld? Das ist ja für uns schon sehr viel Geld. Und wenn man daran denkt, dass es ja wirklich um ärmere Länder geht, hauptsächlich. Das ist halt wirklich ein Hammer für die eigentlich. Und für diese kommerziellen Anbieter. Und wo das dann hingeht, dass ist überhaupt nicht transparent. Das kann man halt auch nirgendwo wirklich einsehen.

00:04:57: Ja ich war auch ein bisschen überrascht. Nina, du hast mir vorhin gesagt: Du hast so eine Husky-Tour gesehen. Und da stand dann in dem Programm drin: Du bist für die Tierpflege zuständig. Du bist der Touri-Guide. Und du darfst die Scheiße eigentlich wegputzen im Zwinger. Wenn man’s so gut auf Deutsch sagt. Also ich mein für zweitausend Euro. Das ist halt echt eine knackige Summe. Wie du gesagt hast, da macht's ja eigentlich mehr Sinn, vielleicht auch was vor Ort zu suchen. Also hier vor Ort bei sich zu Hause lokal irgendwie zu helfen. Ich hab das Prinzip von diesen Freiwilligendiensten, die man bezahlen muss, noch nicht ganz so verstanden.

00:05:31: Ist halt auch nicht wirklich so verständlich. Um ehrlich zu sein. in vielen Fällen.

00:05:34: Ich muss auch sagen: Ich glaube mein Nach-dem-Schulabschluss-Ich wäre da total darauf angesprungen. Also muss ich auf jeden Fall zugeben. Ich hatte mich da auch wirklich erkundigt und hätte voll gerne sowas gemacht. Ich hätte damals gerne Farmarbeit in Kanada gemacht, weil ich gerne mit Bauernhoftieren und mit Pferden arbeiten wollte. Hier sind's jetzt Huskys. Aber das stimmt schon. Wenn man da so liest: Pflege des Zwingers. Ja, was ist denn da, wenn ich vor Ort wirklich nur irgendwelche Zwinger muss? Und von den Bildern her. Da ist auch ein schönes Bild dabei. Da hat man das Gefühl, ich werde den ganze Tag mit den Hunden kuscheln. Aber ich hab da ja gar keine Garantie, dass es wirklich so ist. Wenn ich den Vertrag abschließe mit diesem Anbieter. Oder, Mareike?

00:06:20: Ja, man weiß schon gar nicht wirklich, mit wem man diesen Vertrag abschließt. Oftmals sind’s halt Vermittler-Webseiten, die dann sagen: Wir kooperieren mit diesen und jenen Organisationen. Aber mit wem das dann abgeschlossen wird, ist oftmals gar nicht wirklich ersichtlich. Das ist auch juristisch gesehen sehr schwierig, wenn dann irgendwas falsch läuft, was ja auch öfter der Fall ist. Was heißt, öfter der Fall ist? Kann passieren. Und dann möchte man halt auch wissen: An wen kann man sich da wenden?

00:06:46: Bisschen hab ich so den Eindruck, dass dieses "was Gutes tun" verwendet wird, um dem Ganzen so einen positiven Deckmantel zu geben. Wenn ich das buche, tue ich in jedem Fall was Gutes und das Geld ist es auf jeden Fall wert, weil es ist ja eine gute Sache. Aber wir haben jetzt mal hinter die Kulissen geguckt und waren eben erstaunt, was wir da so alles gefunden haben.

00:07:07: Mareike, wo siehst du jetzt eigentlich so die größten Probleme beim Voluntourism?

00:07:11: Also wie ich vorher schon gemeint habe, ist vor allem auch die kurze Aufenthaltsdauer problematisch. Vor allem, wenn es um die Arbeit mit Kindern geht, die dann Bezugspersonen verlieren wieder. Wenn es zum Beispiel im Waisenhäuser geht, wo man dann wirklich nur für ein paar Wochen hingeht. Die haben dann eh schon Probleme mit Bezugspersonen. Dass sie halt irgendwie Bezugspersonen verloren haben. Und dann passiert das halt wieder. Das ist vor allem da sehr schlecht.

00:07:36: Und wir haben ja bei der Recherche gesehen, das kommt ja als total flexibles Programm an sich daher. Manchmal habe ich vielleicht auch kein halbes Jahr oder ganzes Jahr Zeit, möchte mich aber engagieren. Und dann sagt mir das vielleicht sofort zu. Weil ich denke, ich kann hier zwei Wochen, kann spontan auf drei, vier, fünf Wochen verlängern. Aber klar, sollte man auf jeden Fall bedenken, ob das überhaupt Sinn macht, nur so kurz zu bleiben.

00:07:56: Ja und, was auch die Frage ist: Macht das wirklich Sinn, wenn ich als Freiwilliger irgendwo hingehe und den Leuten vor Ort die Arbeit wegnehme. Wie gut ist das denn dann wirklich? Das ist so ein weiteres Problem, was da besteht in dem Rahmen.

00:08:13: Wenn jetzt aber der Zuhörer für sich entscheidet oder die Zuhörerin: Ich will das aber machen, ich sehe da ein gutes Projekt, das sagt mir zu. Das sieht seriös aus. Was würdest du den Leuten mit auf den Weg geben? Gibt's da irgendwie eine Checkliste, wo man schauen kann: Daran kann man sich orientieren. Vielleicht auch so ein bisschen die Aspekte, die du gesagt hast, dass man da auch wirklich was Nachhaltiges liefert und nicht Arbeitskräften vor Ort die Arbeit wegnimmt. Oder wie du gesagt hast: Wenn man in so ein Waisenhaus geht, dass man da eben auch eine Bezugsperson für Kinder wird, dass man da nicht sofort wegbricht. Gibt's da eine Checkliste, wo man sich so ein bisschen dran orientieren kann?

00:08:46: Ja, man könnte am Anfang zum Beispiel schauen: Was verlangen die an Vorkenntnissen von den Leuten, wenn ich jetzt zum Beispiel in ein Waisenhaus gehe? Schauen die dann auch wirklich drauf, dass ich auch wirklich mit Kindern arbeiten kann und möchte? Und dass die dann halt auch verlangen, dass man einen Lebenslauf mitschickt oder ein Motivationsschreiben. Und da auch wirklich erst das Ganze abchecken, wie die Person wirklich ist, bevor sie einem dieses Angebot wirklich verkaufen als Reise, was es ja dann im Endeffekt oft ist.

00:09:14: Wenn ich da kurz einhaken darf: Bei dieser Testanmeldung, die ich mir mal angeguckt habe. Da haben wir ja dann gesehen, dass ich da eine Bestätigungsmail bekommen habe. Also ich musste klicken auf "hier verbindlich anmelden" zu dem Beach Cleaning war es, glaube ich, ne? Und dann habe ich diese Bestätigungsmail bekommen. Und da hieß es dann, ich solle jetzt meinen Lebenslauf und mein Motivationsschreiben schicken. Und in zwei Wochen soll ich dann die erste Anzahlung machen. Wo wir uns dann gefragt haben: Na ja, das klingt ja jetzt schon, als hätte ich gebucht und müsste demnächst eben die Anzahlung leisten. Steht das da jetzt nur so pro forma mit dem Lebenslauf und dem Motivationsschreiben, um mir das Gefühl zu geben, ich hätte ich da wirklich hin beworben auf das Projekt? Oder checken mich die dann wirklich nochmal ab? Das ist absolut intransparent.

00:09:57: Ja, dann sollte man natürlich auch darauf achten und auch in den AGBs dann nachschauen: Wer ist mein Vertragspartner? Welche Leistungen muss ich erbringen? Welche Leistungen werden mir erbracht? Wo genau zum Beispiel werde ich untergebracht? Was bekomme ich zu essen? Wie oft? Und solche Geschichten. Was ja auch wichtig ist, wenn man dann dort ist, auch wenn's vielleicht nur zwei Wochen sind, will man dann ja doch auch wissen, was man für seine 2000 Euro zum Teil bekommt. Ja und was mache ich dort genau? Also dann auch richtig nachfragen so: Muss ich jetzt da zwei Stunden am Tag arbeiten? Arbeite ich acht Stunden? Das macht ja schon auch einen großen Unterschied. Vor allem, weil ja auch die Reise mit im Vordergrund steht. Und wenn ich acht Stunden arbeite und Stall ausmiste, weiß ich nicht, ob ich dann noch so viel Urlaubsfreude genießen kann.

00:10:43: Bei einem Projekt haben wir noch gesehen, ich glaub das war tatsächlich Kinderbetreuung in Ghana. Da stand zwar gelistet, was nicht mit drin ist in den Leistungen, also zum Beispiel Hin- und Rückflug, was ja auch nochmal eine ganz schöne Summe ausmacht. Das sollte man dann auf jeden Fall miteinkalkulieren. Und da stand auch, dass der Transfer zum Projekt nicht dabei ist. Wo ich mich dann sofort gefragt habe: Na ja, ich kenne mich vor Ort ja überhaupt nicht aus. Wie soll ich denn da hinkommen? Das muss man auf jeden Fall vorher klären.

00:11:10: Ich hab sogar einmal gelesen, dass wirklich Leute vor Ort waren und gemeint haben, sie tun da was Gutes und im Endeffekt standen sie dann mehr oder weniger rum, weil es eigentlich gar keine Arbeit gab dort. Natürlich für kommerzielle Anbieter ist es natürlich von Interesse, dass sie diese teuren Reisen dann auch verkaufen. Es ist natürlich nicht immer so, aber zum Teil wird dann nicht mal drauf geachtet, ob diese Arbeit überhaupt benötigt wird. Und man geht dort hin, vielleicht ein bisschen blauäugig und denkt so: Yeahy, ich kann jetzt endlich mal was Gutes tun. Und dann steht man da im Endeffekt rum. Das ist natürlich auch nicht unbedingt das, was man dann haben möchte. Wenn ich auch wieder darauf verweisen darf: Es sind ja auch sehr teure Reisen, die da verkauft werden.

00:11:52: Wir wollen natürlich auch nicht alles verteufeln, was wir jetzt hier gerade angesprochen haben. Wir wollten einfach nochmal so ein bisschen sensibilisieren, dass es eben auch Alternativen gibt wie vielleicht vor Ort bei sich zu Hause, vielleicht in der eigenen Gemeinde und in der eigenen Stadt. Wir setzen euch auch nochmal den Link in die Show Notes zur offiziellen Seite vom Bundesfreiwilligendienst. Dann gibt's auch noch die Alternative vom Europäischen Freiwilligendienst. Das packen wir euch auch in die Beschreibung. Dass man da eben auch sagen kann: Es soll ja so einen nachhaltigen Aspekt haben und ob das dann wirklich nachhaltig ist, so weit zu fliegen und so viel Geld auszugeben und dann am Ende vielleicht doch nur blöd rumzustehen in der Pampa oder irgendwo, weil es eigentlich gar keine Arbeit gibt. Ob das dann sinnvoll ist? Deswegen packen wir euch das alles wie immer in die Show Notes. Vielen Dank an dich Mareike. Du hast das super gemacht. Vielen Dank für die tollen Antworten.

00:12:35: Dankeschön.

00:12:36: Und natürlich auch an Buddy Nina, die wieder super durch die Show geleitet hat. Und in diesem Sinne: Falls du irgendwie Anregungen, Kritik hast oder vielleicht sogar selbst mal eine Erfahrung gemacht hast bei so einem Anbieter, dann lass es uns gerne wissen unter podcast@evz.de. Und in diesem Sinne: Bis zum nächsten Mal!

Über diesen Podcast

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"Hilfe, mein Toaster brennt!" ist ein Podcast des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland.

von und mit Nina Zeindlmeier

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